Montag, 29. August 2011

Gastbeitrag von Franziska, Teil I --> Teil II folgt demnächst!

Wie im vorherigen Bericht zu lesen war saß Sophia am Tag meiner Ankunft in Shanghai noch auf der Insel fest. Zum Glück hatte sie aus der Ferne managen können, dass ich nicht allein dastand, sonst hätt ich mich wohl ziemlich verloren gefühlt in diesen hektischen Menschenmassen. So habe ich meinen ersten Tag in China mit Steffi verbracht, die erst einen Tag zuvor wieder aus Deutschland angekommen war. Was für ein Timing! Haben dann trotz unserer beider Jetlags viel gesehn und sind viel gelaufen und haben tapfer gegen den toten Punkt gekämpft. Um 2 Uhr nachts ist Sophia schließlich in der Wohnung angekommen. Danach konnte unser Zeitplan wieder nach Plan fortgesetzt werden. Haben aber zuerst mal noch ausgeschlafen und ausgiebig im Pancakehouse in einer unscheinbaren eher heruntergekommenen Straße westlich gefrühstückt. 



Nachmittags dann mit 1 1/2 Tagen später als geplant in Hangzhou angekommen, hatten wir leider nur noch einen Tag dort. Neben Abendessen, Busfahrkarten nach Huangshan besorgen, Mittagessen, Kaffee und einem kurzen Spaziergang am West Lake haben wir dann nichts touristisches mehr unternehmen können. Aber immerhin haben wir an dem einen Abend, den wir dort hatten noch eine kuriose Sache erlebt, die man hundertprozentig so nur als Tourist zu sehen bekommt. Und zwar wollten wir abends nach unserem tollen Buffet-Abendessen, zu dem wir von meiner chinesischen Austauschpartnerin Lorita eingeladen worden sind, noch was trinken gehen. Ihr Papa hat uns dann irgendwo in der Nähe des West Lake abgesetzt, wo es einen Club geben sollte. Den haben wir aber nicht gleich gefunden und wollten so nochmal eine Pipi-Pause einlegen. Da hat Lorita kurzerhand bei dem Prachtbau an dem wir durchliefen die Türwärter gefragt, ob wir hier auf die Toilette gehen dürfen. Nach kurzer Beratung mit den anderen Wachleuten, es waren bestimmt 6, die da rumstanden, wurden wir hineingeführt und liefen einem der Männer hinterher. Die Eingangshalle war total schön mit Marmor ausgekleidet und auf jeder Seite empfingen (uns) drei hübsche Damen in roten traditionellen Gewändern. Da haben wir uns schon gefragt was das wohl hier ist, bestimmt ein teures Hotel, also gut. Weiter gings durch zig Gänge und mit dem Fahrstuhl nach unten, wo wir schließlich in einem Raum gelandet sind, wo auf einmal wieder was los war. Ganz viele hübsche junge Frauen, aufgestylt und in schönen Kleidern saßen auf Stühlen, manche machten sich noch vorm Schminkspiegel zurecht. Mein erster Gedanke- sieht aus wie auf einem Ball, wo die Mädchen wartend auf Stühlen sitzen bis sich ein Junge traut sie zum Tanz aufzufordern. Es war aber irgendwie komisch, auch für einen Club sah es hier viel zu schlicht aus, aber irgendwas in der Art musste es ja sein. Die Jungs standen etwas erhöht um ein Geländer, wo man runter schauen konnte, hatte was von einer Spieleratmosphäre. Jedenfalls gingen wir auf die Toiletten dort und wurden dann wieder hinausgeführt. Auf dem Gang begegneten uns 2 Mädchen, die irgendwas sagten und uns musterten. Wir waren nicht grad zum Ausgehen angezogen. Zurück im Fahrstuhl redete der Wärter, ein junger Mann, mit uns und hat uns offenbart wo wir gelandet sind- in einem Bordell. Zum Glück waren wir schon auf dem Weg nach draußen, der uns diesmal zum Hintereingang, einem nicht mehr so prachtvollen Lieferanteneingang führte. Damit wurde auch klar was die Mädchen gesagt haben, so wie Sophia verstanden hatte: „Jetzt wollen sogar schon die Ausländer hier arbeiten.“ Die Sache hat uns zwar amüsiert, aber auch ein bisschen geschockt. Ein Erlebnis, das wir nicht vergessen werden!

Unsere weitere Reise führte uns nicht mehr an so zwielichtige Orte, allerdings wie es sich für China gehört an überfüllte Orte, wo man vor lauter Chinesen bald die Sehenswürdigkeit an sich nicht mehr sah. Am nächsten Tag waren wir mit dem Reisebus nach Tunxi gefahren, was nochmal 1 Fahrtstunde von dem Berg Huangshan entfernt lag- unserem Ziel. Übernachtet haben wir in einem schönen Hostel in der alten Straße von Tunxi. Da wir „nur“ einen Tag für den Berg hatten wollten wir diesen auch nutzen und haben den frühestmöglichen Bus dorthin genommen- Abfahrt 6:30 Uhr. Nach etwa 1 Stunde waren wir in der Talstation, dann mussten wir nochmal Bustickets bis zur Seilbahn kaufen, das waren mit Anstehn etwa 30 Minuten und an der Seilbahn hat uns dann fast der Schlag getroffen, weil die Wartereihen an die vom Europa-Park erinnerten. Nach knappen 2 Stunden waren wir dann durch und um 10 Uhr an der Bergstation angekommen. Nach unserer Enttäuschung, dass wir hier keine Ruhe und idyllische Natur vorfinden würden, hofften wir oben auf Besserung: das verläuft sich bestimmt! Von wegen! Dadurch, dass es im Prinzip nur einen vorbestimmten Weg, nämlich den befestigten und mit Stufen versehenen, gab, konnte sich das gar nicht wirklich verteilen. Das Gebiet war zwar wirklich weiträumig und es gab auch verschiedene Routen zu verschiedenen Gipfeln, aber bei den tausenden Chinesen war einfach kein Land mehr in Sicht. Die Felsformationen und der Berg an sich waren sehr schön nur das idyllische Vogelgezwitscher und die dazugehörige Stille haben gefehlt.







Wie man sieht staute es sich besonders um die Gipfel, sodass wir einmal 10 Minuten gar nicht mehr vom Fleck kamen. Man konnte sich auch von 2 Trägern auf einer Art Sänfte tragen lassen. Immer wieder und gerade an steilen Stellen standen diese Männer in blauen Kitteln mit ihren Tragstühlen bereit, die dann überwiegend ältere Menschen gegen Entgelt ein Stück weiter brachten. Von Dienstleistungsoase kann da keine Rede sein.




Erstaunlicherweise haben wir die Tour von östlicher zu westlicher Seilbahnstation in nur 4 Stunden geschafft und wir waren ehrlich froh, dass wir nicht noch einen Tag dort eingeplant hatten. Den Berg hatten wir gesehn, ein paar Gipfel „bestiegen“ und Menschen hatten wir ja eh schon genug.

Die nächste Station war wieder Shanghai, wo wir mit dem Fernbus hinkamen. Mit 5,5 Stunden war das die schnellere Verbindung als mit dem Zug. In Shanghai stieß dann Jessica am nächsten Morgen zu uns. Da wir nicht wirklich was bestimmtes sehn wollten, war unser Tag recht entspannt und sind einfach nur zur Nanjing Road, die Einkaufsmeile schlechthin, die zur Uferpromenade am Huangpu-Fluss führt. 




Von dort kann man die Skyline der Stadt bewundern, die Teil der Sonderwirtschaftszone Pudong ist, wo sich z.B. auch der Flughafen befindet. Wahrzeichen der Skyline ist der Fernsehturm „Oriental Pearl Tower“, der 458 m hoch ist. Außerdem der Jin Mao Tower (420 m), dessen Form an eine Pagode und einen Bambushalm erinnern soll. Neu dabei seit August 2008 ist das Shanghai World Financial Center, das mit 492 m das höchste Gebäude in China und das vierthöchste der Welt ist. 





Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Schnellzug nach Nanjing, eine 5,5 Millionen Stadt, 300 km nordwestlich von Shanghai. Dort haben wir die Gedenkstätte besichtigt, die an das „Massaker von Nanjing“ erinnert. Im 2ten japanisch-chinesichen Krieg (1937 bis 1945) besetzten die Japaner u.a. Nanjing, wo laut chinesischen Angaben um die 300.000 Menschen umgebracht, tausende Frauen vergewaltigt und andere Kriegsverbrechen verübt wurden. Ein Kapitel in der Geschichte, von dem wir bisher nur am Rande mitbekommen hatten.






Aufgrund dieses Krieges und insbesondere wegen des Massakers sind viele Chinesen noch heute nicht gut gegenüber den Japanern gestimmt. Als wir in Nanjing ein Taxi nahmen, hat Sophia ihren üblichen Smalltalk mit dem Taxifahrer abgehalten, wo sie wie meistens gefragt wurde woher wir kommen und hat ihn daraufhin gefragt, ob auch Japaner hierher reisen. Daraufhin meinte er, dass diese sich eher nicht in die Stadt trauten und hat gelacht.

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